Negativer Bescheid

Das Standesamt hat den negativen Bescheid zugestellt, d.h. wir haben jetzt 4 Wochen Zeit dagegen zu berufen (bis Ende Mai). Damit erreicht unser Einspruch zum Start des Pride-Months das Landesgericht.

Inhaltlich ist der Bescheid wenig überraschend. Das Ministerium verweist auf den Handlungsleitfaden, dass eine Streichung nur für inter Personen möglich ist und dem Bescheid nicht stattgegeben wird, weil kein entsprechendes „Fachgutachten mit dem Nachweis des Vorliegens einer Intergeschlechtlichkeit“ vorgelegt wurde, wird der Antrag abgewiesen.

Dass die Ansicht der Antragsteller*in zumindest erwähnt wurde, erhöht zumindest den Lesewert des Dokuments.

[Die Antragsteller*in] sieht generell – sinngemäß – derlei Ansinnen des Staates, ein intergeschlechtliches Geschlecht nur unter (biologischen) Auflagen einzutragen, als Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht betreffend Wahl der Geschlechtsidentität der Menschen.

aus dem Bescheid

Auf die psychotherapeutische Stellungnahme als Begründung wurde jedenfalls nicht weiter eingegangen.

Handlungsanleitung für Personenstandsfragen

Wir haben die Antwort vom Innenministerium mit der Handlungsanleitung bekommen. Sie kann als Erfolg für die Informationsfreiheit gewertet werden, ist inhaltlich aber ernüchternd. Die Weisung räumt inter Personen die Rechte ein, die ihnen vom VfGH zugesprochen wurden, diskrimiert trans und nicht-binäre Personen aber explizit weiter.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 15.6.2018 festgestellt, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung des § 2 Abs. 2 Z 3 PStG 2013 zwar den verfassungsgesetzlichen Vorgaben entspricht, aber im Sinne eines verfassungskonformen Vollzugs zu berücksichtigen ist, dass es Menschen gibt, die der herkömmlichen Zuordnung nach dem Geschlecht zu Mann oder Frau nicht entsprechen und die dennoch ein Recht auf Berücksichtigung ihres Geschlechts haben. Konkret geht es um nachweisbare Varianten der Geschlechtsentwicklungen, die sich durch eine atypische Entwicklung des chromosomalen, anatomischen oder hormonellen Geschlechts kennzeichnen und explizit nicht um Transidentität (dh. jemand, der genetisch oder anatomisch bzw. hormonell eindeutig einem anderen Geschlecht zugewiesen ist, sich dadurch aber falsch oder unzureichend beschrieben fühlt).

aus der Handlungsanleitung

Die Gesetzgeber*in (Regierung Kurz I und Innenminister Kickl) wollten hier also die Hürden bewusst aufrechterhalten und forcieren, dass weiter geklagt werden muss.

Antrag eingebracht

Wir haben den „Trans-Day of Visbility“ genutzt um den Antrag auf Streichung des Geschlechtseintrags bei der MA 63 (Standesamt) einzubringen. Die Antwort – sprich der negative Bescheid – wurde uns im April in Aussicht gestellt.

Guten Tag,

ich, [Vornamen Nachname], geb. am [Datum] in [Ort], wohnhaft in [Adresse], beantrage hiermit nach § 41 Personenstandsgesetz die Streichung des Geschlechtseintrags im Geburtenbuch.

Für den Fall, dass diesem Antrag nicht stattgegeben wird, beantrage ich die Ausstellung eines Bescheides.

Mit freundlichen Grüßen
[Vornamen Nachname]

Anhang:
– Psychotherapeutische Stellungnahme
– Ausweiskopie

Die psychotherapeutische Stellungnahme ist eine allgemein gehaltene Stellungnahmen, dass die Antragsteller*in nicht einem binären Geschlecht zugeordnet werden möchte und dass dieser Zustand voraussichtlich von Dauer ist. Dies entspricht sinngemäß den Kriterien, die auch von binären trans Personen erfüllt werden müssen. Auf die problematische, weil pathologisieren Diagnose „Transsexualität (F 64.0)“ wurde verzichtet, weil diese seit Herbst 2020 nicht mehr enthalten sein muss und im ICD11 gestrichen wurde.

Anfrage zum Handlungsanleitung für Personenstandsfragen

Im September 2020 wurde laut Medienberichten eine Handlungsanleitung für Personenstandsfragen, insb. zum Geschlechtseinträgen fertiggestellt. Die Handlungsanleitung ist aber weder auf der Webseite des BMI noch im RIS abrufbar. Dennoch betrifft sie einen größeren Personenkreis in Österreich daher haben wir nach dem Auskunftspflichtgesetz eine Anfrage an das Innenministerium gestellt.

Die Anfrage wurde in Kooperation mit der Piratenpartei Österreichs eingebracht, da wir dann als Social Watchdog für LGBTQIAP+ Rechte im Sinne der VwGH Entscheidung Ra 2017/03/0083-6 agieren und die Beantwortung der Anfrage nicht so leicht abgelehnt werden kann, wie das bei einer Privatperson der Fall wäre.